Helfer helfen ehrenamtlich und kostenlos – die Rechnung stellt der Staat.

In Erlangen-Höchstadt wurden jetzt die Leistungen an Flüchtlinge um nahezu 40,- € monatlich gekürzt (Leistungsbescheid für Mai 2016).

Warum? Weil ehrenamtliche Helfer und Spender in einer Flüchtlingsunterkunft ein kostenlos nutzbares WLAN zur Verfügung gestellt haben.
Wohlgemerkt – der Staat hat weder zur Bereitstellung beigetragen, noch irgendwelche Kosten übernommen.

In der uns vorliegenden Begründung des Bescheides vom Landratsamt Erlangen-Höchstadt heißt es: „Werden der Unterkunft vor Ort als solcher Spenden zur Verfügung gestellt, werden diese für die staatliche Gewährung der Sachleistungen durch die jeweilige Einrichtung herangezogen.“
Und im Falle einer Sachleistung entfällt die ersatzweise zu leistende Geldleistung.

Der Fall hat bereits zu einer Welle von Protesten geführt. Sollte es bei dem Abzug bleiben, der insgesamt fraglich, in seiner Höhe aber geradezu absurd ist, werden die Helfer und Spender den zur Verfügung gestellten WLAN-Zugang wohl wieder abschalten. Zahlreiche Einsprüche gegen die Bescheide werden erwartet, die geprüft werden müssen. Klagen gegen die Bescheide sind zu erwarten. Selbst wenn der Abzug einer juristischen Prüfung stand halten würde, wäre er hinfällig, sobald die Helfer ihr WLAN wieder deaktivieren, was sie jederzeit tun können, und was andernorts bereits geschehen ist. Neue Bescheide ohne Abzug sind dann erforderlich. Ein immenser bürokratischer und juristischer Aufwand, der mit Sicherheit mehr kosten wird, als das Geld, das sich der Staat an den Flüchtlingen sparen kann. Aus unserer Sicht erfreulich ist, dass nicht alle regional zuständigen Beamten der Aufforderung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales nachkommen, einen solchen Abzug vorzunehmen und regional auf höchster Ebene versucht wird solche Abzüge zu vermeiden.

Wir sind besorgt, dass obige Regelung auch bei anderen Leistungen Ehrenamtlicher zu Abzügen führen könnte. Werden einer Einrichtung (dem Betreiber oder dessen Erfüllungsgehilfen, der Bezirksregierung, der Stadt, der AWO etc.) z. B. Sportgeräte, Fahrräder, Lebensmittel oder andere Spenden zur Verteilung an die Flüchtlinge übergeben, dann könnte es geschehen, dass dies als Sachleistung bewertet und die entsprechende Geldleistung gekürzt wird.

Als Konsequenz sollten Helfer genau prüfen, inwieweit ihre Hilfe vor Ort in der Unterkunft bereit gestellt wird, denn in diesem Fall könnte sie zu einem Abzug bei den Geldleistungen für die Flüchtlinge führen. Das könnte nicht nur bei der Bereitstellung eines WLAN, sondern z.B. auch bei der Verteilung von Kleiderspenden in den Einrichtungen der Fall sein oder sogar, wenn Lebensmittel oder andere Sachleistungen wie Sportgeräte oder Fahrräder der Unterkunft überlassen werden.

Wir Helfer im Helferkreis Eibach-Maiach werden darauf achten, dass unsere Hilfe in einer Art und Weise erbracht wird, dass sie absehbar nicht zu einem Abzug bei den Geldleistungen an Flüchtlinge führen wird.
Wir sind uns darin einig, dass wir diesen Abzug nicht für angemessen halten, wobei die Emotionen und Interpretationen verschiedener Helfer naturgemäß verschieden ausfallen.

Weitere Informationen zum aktuellen Fall finden Sie auf der Webseite der Flüchtlingsinitiative Eckental e.V.

Veröffentlicht von

Ralph Lindner

Selbständig, Webmaster, Papa, Rad- und Autofahrer, Blogger, Nürnberger, Eibacher - meist diskussionsfreudig und daher für Manchen unbequem.

Ein Gedanke zu „Helfer helfen ehrenamtlich und kostenlos – die Rechnung stellt der Staat.“

  1. Da unter den ehrenamtlichen Helfern unterschiedliche Ansichten über die Konsequenz und den Umgang mit dem Abzug bestehen und der Helferkreis-Eibach-Maiach eben unabhängig, also eine Gruppe völlig unterschiedlicher Menschen mit eigenen Ansichten ist, möchte ich meine persönliche Meinung hier in einem Kommentar ergänzen. Die Kommentarfunktion steht hier übrigens jedem zur Verfügung, gerne auch Personen, die eine andere Ansicht vertreten.

    Ich interpretiere den Abzug für ein WLAN, das ehrenamtliche Helfer ohne Kosten für Staat und Einrichtung betreiben, dahingehend, dass unser Staat den Versorgungsgrad von Flüchtlingen anscheinend nicht über das gesetzlich definierte Minimalniveau steigern möchte und man diese Leistungen kürzen will, wo immer man eine halbwegs hinreichende Begründung konstruieren kann.
    Wie sagte unlängst der bayerische Ministerpräsident Seehofer: „Ende der Willkommenskultur notariell besiegelt“ – und darauf ist der Mann auch noch stolz. Wen wundert es da noch, dass die bayerische Staatsregierung Flüchtlingen das Leben schwerer macht als nötig?

    Diese Maßnahme mag geeignet sein bei AfD-Wählern oder Bürgern mit ähnlicher Gesinnung zu punkten – dem Staat Kosten sparen wird es aufgrund der resultierenden Einsprüche, Klagen, Abschaltungen von WLAN, geänderten Bescheiden etc. mittelfristig sicher nicht.

    Ich weiß nicht, wer in den bayerischen Ministerien auf die Idee gekommen ist, ehrenamtliche Hilfe von Bürgern als staatliche Sachleistung zu verbuchen und bei den Hilfeempfängern zum Abzug zu bringen. Aber wurde bedacht, welche Bombe damit gezündet wurde? Was wäre eigentlich, wenn all die ehrenamtlichen Helfer in Bayern anfangen würden, ihre Leistungen beim Staat geltend zu machen?
    Es ist kein Geheimnis und jedermann bekannt: Rettungsdienste, Feuerwehren und vieles mehr, würden zusammenbrechen.

    Es ist völlig in Ordnung, dass eine staatliche Leistung für Flüchtlinge nicht doppelt erbracht wird, dass man also z. B. nicht einem Caterer mit der Verpflegung beauftragt und bezahlt und zusätzlich den vollen Kostensatz für Ernährung auszahlt. Doch mit der jetzt bei WLAN praktizierten Regelung überschreitet man eine Grenze. Man zieht den Hilfsbedürftigen Spendenleistungen Dritter ab. Das könnte man auch auf andere Bereiche ausdehnen: Es gibt eine Kleiderkammer – dann wird die Pauschale für Kleidung gekürzt. Es gibt kostenloses Essen bei der Tafel – dann kürzen wir das Budget für Ernährung. Dass man dies derzeit an der Bedingung festmacht, dass die Leistung auf dem Gelände der staatlichen (bzw. der angemieteten) Einrichtung statt findet mag juristisch möglich sein. Der Flüchtling wird wohl keinen Unterschied bemerken, ob der WLAN Router über dem er ins Internet kommt in seiner Einrichtung oder im Nachbarhaus installiert wurde.

    Und alle Menschen die Angst haben der Sozialneid könnte zuschlagen wenn Flüchtlinge etwas umsonst bekommen, die möchte ich darauf hinweisen, dass es geradezu auf der Hand liegt auch anderen Leistungsempfängern Leistungen zu kürzen, wenn ähnliche Sachleistungen verfügbar sind. Wenn tatsächlich in wenigen Jahren die angestrebte Verbreitung von BayernWLAN erreicht ist, wird wohl kein Hartz IV-Leistungsempfänger in Bayern noch etwas gegen die Streichung seiner Telekommunikationspauschale vorbringen können, wenn dieses Prinzip bereits heute erfolgreich bei Flüchtlingen etabliert wurde.

    Wenn die Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit darauf beruht, dass sie billiger ist, als bezahlte Mitarbeiter und man die Leistung Ehrenamtlicher – auch wenn sie kostenlos erbracht wird – dennoch als Sachleistung zur Kostensenkung (heute von Flüchtlingen, morgen vielleicht von allen Hartz IV-Empfängern) einsetzen will, dann sollen das unsere Politiker doch bitte auch ebenso deutlich kommunizieren.

    Unter dieser Regelung leiden außer den Flüchtlingen vor allem die Flüchtlingseinrichtungen. Bisher unterschieden ehrenamtliche Helfer nicht, ob sie ihre Leistung oder Spende einer Einrichtung zur Weitergabe an Flüchtlinge oder direkt den Flüchtlingen gegeben haben. Nun macht das einen erheblichen Unterschied. Ich rate jedem Helfer, der nicht riskieren will, dass seine „Spende“ dem Flüchtling von seinen Geldleistungen abgezogen wird darauf zu achten Leistungen direkt für Flüchtlinge, nicht aber im Rahmen einer Einrichtung zu erbringen.

    Einrichtungsbetreiber denen am Wohl ihrer Schützlinge gelegen ist, verstehen sicher, dass dies nicht gegen sie oder ihre Einrichtung gerichtet ist, sondern einzig und allein dem Wohle der Flüchtlinge (und der Rechtsauffassung des bayerischen Staates) geschuldet ist.

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